Impuls zum 27. Juli 2025
Von Odilo Metzler (Stuttgart), Mitglied im Bundesvorstand
Bitten, Vertrauen und Tun
Sommerloch. Das klingt so, wie wenn was fehlt. Aber vielleicht ist es ein Geschenk. Zeit nicht für andere, sondern Zeit für mich. Zeit nicht für die Arbeit und die Pflichten, sondern Zeit für die Seele. Tief in uns Menschen liegt die Erwartung einer Gegenwart, das stille Verlangen nach Verbundenheit mit dem Urgrund von allem was ist.
Mit ihm, dem Grund unseres Seins verbinden wir uns. Ihm öffnen wir unser Herz und unsere Sinne.
Kyrie
Kyrie-Gesang Taizé
Gott, du bist die Quelle unseres Lebens. In dir finden wir Ruhe, und aus dir schöpfen wir Kraft und Hoffnung.
Gott, du bist der Atem unseres Lebens. Dein Heiliger Geist erfüllt uns und macht uns frei, zu vertrauen und unser Herz zu öffnen.
Gott, du bist die Liebe, die uns annimmt, uns trägt und die uns fähig macht, in anderen die Fähigkeit zum Guten zu erkennen.
So nimm uns an in dieser Stunde und bis zu unserem letzten Atemzug, schenke uns Vergebung für falsches Tun, für bösen Worte und lass uns jeden Tag neu anfangen, aufbrechen zu dir und zueinander. Amen
Gebet
Gott, Heiliger Geist, bei dir finden wir auf den Weg von der Unruhe zum Vertrauen. So oft vergessen wir, dass du in uns wohnst, dass du in uns betest, dass du in uns liebst. Wir vertrauen dir, dass du in uns das Licht dieser Liebe entzündest und unser Herz und unsere Welt von deiner göttlichen Gegenwart erfüllt wird.
1. Lesung, Gen 18, 20-32, Abraham feilscht mit Gott um Barmherzigkeit statt gerechter Strafe
2. Lesung, Kol 2,12-14, Auferweckt in der Taufe, im Glauben an Gottes Kraft
Evangelium: Lk 11,1-13
(Übersetzung: Fridolin Stier)
Und es geschah, während er irgendwo im Gebet war. Als er aufgehört hatte, sprach einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger gelehrt hat. Er sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so sagt: Vater! Heilig sich weise dein Name. Dein Königtum komme. Unser Brot für morgen gib uns Tag um Tag. Und lass uns nach unsere Sünden; denn auch wir lassen jedem nach, der an uns schuldig ist. Und führe uns nicht in Versuchung.
Auch sprach er zu ihnen: Einer unter euch hat einen Freund, zu dem er sich mitternachts aufmacht. Und zu ihm spricht er: Freund, borge mir drei Brote! Ein Freund von mir ist nämlich von unterwegs zu mir gekommen und ich habe nichts, ihm vorzusetzen. Aber der antwortete von drinnen und sprach: Mach mir keine Mühe! Das Tor ist schon verriegelt und meine Kinder sind mit mir im Bett. Ich kann nicht aufstehen und dir geben. Ich sage euch: Wenn er schon nicht aufsteht und ihm gibt, weil er sein Freund ist, so richtet er sich auf wegen seiner Zudringlichkeit und gibt ihm, was er braucht.
Und ich sage euch: Bittet – so wird euch gegeben. Sucht – so werdet ihr finden. Klopft – so wird euch geöffnet. Denn: Jeder Bittende empfängt; und der Suchende findet; und dem Klopfenden wird geöffnet. Wer unter euch gäbe seinem Sohn, der ihn, den Vater, um einen Fisch bäte, statt Fisch eine Schlange? Oder: Gäbe er ihm, wenn er um ein Ei bäte, einen Skorpion? Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, um wieviel mehr wird der Vater vom Himmel her heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.
Gedanken zum Evangelium
Die Bitte der Jünger an Jesus könnte auch aus unserer Zeit stammen: Wie geht Beten? Jesus lehrt sie das Vater-Gebet, das wir im Lukas-Evangelium in der älteren kürzeren Form haben, das zentrale Gebet der Christen. Jesus sagt ihnen: Wenn ihr betet, sprecht: „Vater“, in der aramäischen Muttersprache Jesu: abba. Eine liebevolle, familiäre, angstfreie Beziehung zum väterlichen und mütterlichen Gott, das ist das Entscheidende. Ohne diese vertraute Nähe wird Beten schwierig. Jedenfalls haben die Jünger an Jesus gesehen, wie nahe ihm sein himmlischer Vater war und wie ihm diese Nähe den Rücken gestärkt und Freiheit gegeben hat. Paulus sagt es im Galaterbrief so: „Weil ihr nun Kinder Gottes seid, gab Gott euch den Geist seines Sohnes ins Herz. Der ruft aus uns: »Abba! Vater!« Leben im Vertrauen auf Gott kann Rückhalt geben.
Bei den ersten beiden Bitten geht es gar nicht um unsere Anliegen. „Dein Name erweise sich heilig. Dein Königtum komme.“ Wenn du groß bist, können nicht andere über uns bestimmen. Dann haben deine Kinder eine Würde, alle Menschenkinder sind Geschwister.
Dann folgen drei Bitten für unser Leben: „Unser Brot für morgen gib uns Tag um Tag.“ Das Brot für den nächsten Tag. „Lass uns nach unsere Sünden; denn auch wir lassen jedem nach, der an uns schuldig ist.“ Sünde ist, was uns von anderen absondert. Das südafrikanische Wort für Absonderung heißt Apartheid. Sünde ist, was uns trennt von anderen Menschen, anderen Völkern: kaputte Beziehungen, Schuld, Belastendes. Vergebung ist Befreiung. Lass uns wieder neu anfangen, jeden Tag, neu essen und neu miteinander leben. „Und führe uns nicht in Versuchung.“ Diese Bitte bereitet Schwierigkeiten. Will Gott uns zum Bösen verleiten oder prüfen? Nein, sagt der Jakobusbrief. „Gott verführt niemanden zum Bösestun. Jeder wird von der eigenen Begierde ... in Versuchung geführt.“ (Jak 1,13f). Eher sind wir versucht, Gott aufzugeben und unsere Reiche hier zu schaffen, im Kleinen und im Großen und unseren Vorteil durchzusetzen. Jörg Zink übersetzt diese Bitte so: „Schütze uns vor der Gefahr, an dir zu zweifeln.“ Ja lass nicht zu, dass wir das Vertrauen in dich aufgeben und verloren gehen in dieser Welt.
Was aber ist, wenn dieses Vertrauen enttäuscht wird? Wenn die Bitte nicht erfüllt wird? Wenn jemand seine
x-te Bewerbung schreibt und wieder kommt nur eine Absage. Wenn früh der Partner stirbt? Wenn eine Krankheit nicht geheilt wird oder eine Beziehung. Dann ist das eine bittere Erfahrung. Dann bleibt uns die Hoffnung, dass es möglicherweise andere Wege gibt, die zum Leben führen und das Vertrauen, dass Gott unsere Not sieht und uns nicht fallen lässt.
Jesus bestärkt seine Jünger mit ihrer Alltagserfahrung: Wenn selbst böse Eltern ihren Kindern Gutes tun, wieviel mehr sorgt der mütterliche Vater im Himmel für die, die ihn bitten. In seinem Geist können sie teilen, vergeben, Böses überwinden und einander das Leben leichter machen.
Gebet
Gott, Vater und Mutter, dir vertrauen wir uns an:
Lass dein Reich unter uns aufleuchten, das Reich der Gerechtigkeit und des Friedens für alle Menschen. Dein Name werde geheiligt und alles, was du auf unserer Erde geschaffen hast.
Lehre uns, deine Erde so einzurichten, dass alle Menschen an dem gemeinsamen Tisch satt werden an Brot und satt werden an Leben. Hilf, die Schuld zu überwinden, die uns von dir und anderen trennt.
Lass das Böse nicht über uns Herr werden, sondern lass uns standhalten und hilf uns, das Böse in uns und in unserer Welt zu verwandeln. Mache uns fähig zu Vergebung und Versöhnung.
Schenke unseren Bitten Erfüllung, auch wenn wir jetzt noch nicht begreifen. Dein Reich komme zu uns und verwandle uns und unsere Welt.